4netzen Doku: Wie ticken Stiftungen?

Wie komm ich an Geld für mein gemeinnütziges Projekt? Beim 4netzen im Mai hat eine Stiftungsexpertin Fragen zu Finanzierung und Förderung beantwortet und ihre Erfahrungen in der Arbeit bei einer Stiftung geteilt.

Menschen vernetzen, Bündnisse schmieden, Austausch zu aktuellen Wandel- und Engagementthemen – Das ist das 4netzen, das regelmäßig von mehreren Freiburger Organisationen (derzeit sind das Haus des Engagements, Treffpunkt Freiburg, Eine Welt Forum Freiburg, StadtWandler und FAIRburg) veranstaltet wird. Seit diesem Jahr wandert das 4netzen an verschiedene Orte der Stadt.

Das 4netzen am 4. Mai fand im EWS Store statt zum Thema „Wie ticken Stiftungen?“. Die Referentin Cathrin von Essen arbeitet schon seit vielen Jahren für die Oberle Stiftung und teilte ihre Erfahrungswerte. Im Artikel erfährst du, wie du am besten auf private soziale Stiftungen zugehst und deine Chancen auf eine Förderung erhörst.

Hinweise:

  • Es handelt sich hier um allgemeine Hinweise und sie gelten sicher nicht für alle Fördergeber gleichermaßen.
  • Der folgende Text enthält eine Kurzzusammenfassung der Vortragenden, bei der einzelne Inhalte des Gesagten zugunsten der Prägnanz weggelassen wurden. Wir bitten um Hinweise, falls es dadurch zu Fehlinterpretationen kommt. Die dargestellten Meinungen müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen außer sie sind als solche gekennzeichnet.

In den Stiftungen sitzen auch nur Menschen.

Dieser Satz wird von Cathrin von Essen während der Veranstaltung immer wieder betont. Sie sitzt in der Oberle-Stiftung, liest jeden Tag Anträge und muss selbstständig entscheiden, ob der oder die Antragsteller:in vertrauenswürdig und das Projekt umsetzbar ist. Die Oberle-Stiftung ist eine soziale Stiftung, die Projekte im Inland und Ausland (z.B. Peru, Bolivien und Ecuador) fördert. Die Oberle-Stiftung ist eine fördernde Stiftung, das heißt sie finanziert die Tätigkeiten von Dritten. Im Gegensatz dazu gibt es auch operative Stiftungen, die selbst Projekte durchführen.

Eine Stiftung zahlt keine Steuern und gehört sich selbst. Das Stiftungsvermögen bleibt erhalten und kann nicht ausgegeben werden. Stiftungsvermögen ist nicht nur Geld, sondern oft auch Immobilien oder Grundstücke. Eine Stiftung nutzt die Erträge ihres Vermögens (z.B. Mieten oder Zinsen) und fördert damit Projekte.

Wie kommt man an Geld? Wie ticken Stiftungen, bzw. Geldgeber?

Der oder die Antragsteller:in muss einen Bezug zur Zielgruppe – bei der Oberle-Stiftung sind das sozial Benachteiligte – herstellen und erklären können. Cathrin von Essen sagt, sie muss das Feuer spüren können, das in den Antragsstellenden für ihr Projekt brennt.

Tipps für Einsteiger:

Den ersten Geldgeber zu finden ist nicht ganz einfach. Das Gute ist: ist einmal jemand an Bord, fällt es anderen leichter sich anzuschließen.

Damit das klappt, rät Cathrin von Essen:

  1. Gute Recherche: Hausaufgaben machen und sich gut über den Geldgeber informieren. Nimm dir Zeit jemanden zu finden, der gut zu deiner Organisation und deinem Vorhaben passt.
  2. Flexibel bleiben: Versteife dich nicht zu sehr auf deine eigene Idee, sondern bleibe flexibel eventuell Formulierungen und Vorgehen an entsprechende Stiftungen anzupassen.
  3. Persönlichen Kontakt suchen: Wenn du dir unsicher bist, ob der Geldgeber zu dir passt, nimm Kontakt auf. Durch einen Anruf oder eine Mail lässt sich das oft schnell klären. Aber fasse dich kurz mit den wichtigsten Infos (was, wie viel, für wen und für was?).

Tipps zum Antrag

Anträge zu formulieren braucht etwas Übung. Cathrin von Essen rät:

  1. Kurz halten und so knapp und zielgenau wie möglich. Im ersten Absatz sollten direkt die Geldsumme, Zielgruppe, Zeitraum und Vorhaben genannt werden. Jemand wie Cathrin von Essen liest täglich viele Anträge. Da Menschen in Stiftungen einen finanziellen Blick haben, lesen manche ihrer Kollegen erst den Finanzierungsplan. Ist dieser nicht gut genug, wird der Antrag direkt abgelehnt. Stiftungsarbeit ist Beziehungsarbeit: Stiftungen müssen Antragsteller:innen vertrauen können. Außerdem möchte Cathrin von Essen Spaß beim Lesen haben, und ja man darf Formulierungen schreiben wie: „Willst du mein Partner sein bei der Umsetzung von…“.
  2. Die Idee allein reicht nicht. Der oder die Antragsteller:in sollte schon in Vorleistung gegangen sein. Das heißt für dich, beschreibe was mit wem schon geplant ist, wie viel Geld bereits gesammelt wurde und was noch fehlt. Personal und Baukosten sind am Schwierigsten zu fördern.

Cathrin von Essen fasst zusammen, dass Stiftungen immer auf der Suche nach Menschen und Projekten sind, denen sie Geld geben können. Geld ist ihrer Meinung nach nicht das Problem. Allerdings sei es für beide Seiten, Stiftungen und Antragsteller:innen nicht einfach sich gegenseitig zu finden. Für Stiftungen sei es wichtig den Bezug zur Zielgruppe und das Engagement und die Leidenschaft der Antragstellenden erkennen zu können.

Ein Wunsch von Cathrin von Essen ist, dass mehr gemeinschaftliche Projekte entstehen: „Warum muss jeder seine eigene Idee und sein eigenes Projekt haben? Können ähnliche Organisationen keine Projekte und Veranstaltungen gemeinsam bestreiten?“

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Fragen aus der 4netzen-Community an Cathrin von Essen

Bekommen die Geförderten Geld und dann sind Sie als Stiftung raus bzw. Ihre Aufgabe ist beendet?

Cathrin von Essen: Das ist oft so. Finde ich aber schade und ich wäre gerne weiter in Kontakt. Gerade bei Einzelfällen müssen wir als private soziale Stiftung hinschauen, ob und wie sich die Situation verändert. Aber das kann ich nicht immer zu 100% prüfen. Selbst wenn die Zahlen stimmen, heißt das noch lange nicht, dass gute Arbeit geleistet wurde.

Können Sie Beispiele nennen, die Ihr Herz höher schlagen lassen?

Cathrin von Essen: Es liegt an den Menschen hinter der Idee und deren Kompetenzen. Ein konkreteres Beispiel: es gab ein Kunstprojekt zweier Lehrer in der Wiehre mit Kindern. Hier war ich mit einer Kollegin zu Besuch. Ein kurzer Einblick, die Begeisterung der Lehrer und die Kunstwerke der Kinder haben mich direkt überzeugt, dass hier Geld gegeben werden sollte. Es ist nicht so wichtig was genau gemacht wird, aber Engagement und Leidenschaft müssen erkennbar sein.

Wenn ich noch keine Organisation habe, kann ich trotzdem gefördert werden?

Cathrin von Essen: Privat darf eigentlich kein Geld überwiesen werden. Das kann zu formalen Problemen führen. Stiftungen überweisen nur sehr ungern an Privatpersonen. Aber es gibt Organisationen, wie der Grünhof und andere Stiftungen, die Gründerprogramme leiten und unterstützen. Wenn man komplett am Anfang steht sollte man sich an diese wenden. Man kann auch erst mal in einer Organisation unterkommen und sein Ding finden und etablieren, bevor man sich an Geldgeber wendet. Ein Beispiel: Jemand war erst bei der Caritas als Sozialarbeiter und hat dort ein Fußballprojekt geleitet, bevor er selbst unter Mitbenutzung der Anlagen eine eigene Organisation gegründet hat.

Wie tickt die Sparkassen-Stiftung?

Cathrin von Essen: Stiftungen wie die Sparkassen-Stiftung haben eine regionale Begrenzung bei der Projektförderung. Man kann die Sparkasse oder andere Banken auch nach Sponsoring fragen, das funktioniert aber nach anderen Kriterien. Die PSD-Bank gibt beispielsweise relativ viel Geld aus. Allgemein kann man sagen, dass alle Banken Fördertöpfe haben, und auch oft nicht alle genutzt werden.

Schließen sich Stiftungen gegenseitig aus?

Cathrin von Essen: Nein. Ich spare doch Geld, wenn Sie noch Geld woanders herbekommen. Hat man einmal den ersten Förderpartner gewonnen, steigen auch andere schneller ins Boot. Allerdings fördern wir nie 100%, andere schon, doch ich will das Engagement der Antragsteller sehen. Engagement, Partner, Orte und weitere Förderpartner können und sollten auch als Eigenanteile geliefert werden.

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