Am Montag, 4. Mai 2020 um 18 Uhr fand wieder das Vernetzungstreffen für Nachhaltigkeitsinitiativen „4netzen“ statt. Aufgrund der aktuellen Umstände fand das Treffen digital statt.
Online arbeiten und austauschen – wie finden wir die passende Kultur und die richtigen Tools?
Finn Hees (Software-Ergonom, engagiert beim Haus des Engagements)
Hendrik vom Lehn (Software-Entwickler, engagiert bei Selbstbestimmt.Digital e.V.)
Die unterschiedlichen Arten untereinander zu kommunizieren
Es gibt viele Möglichkeiten sich auszutauschen, hier eine kurze (unvollständige) Liste der meistgenutzten Arten in der Vereinsarbeit, zusammen mit einer kurzen Charakteristik und einigen Anbietern.
Sich vor Ort treffen mit Zettel und Stift
Die wohl älteste Art…
- meist findet das in privaten Räumen oder eigenen Vereinsräumen statt
- in Freiburg gibt es einige Organisationen, die Räume Vereinen kostenfrei zur Verfügung stellen, wie der Treffpunkt Freiburg oder das Haus des Engagements
E-Mail / Mailingliste
Da (fast) jede*r über eine E-Mail-Adresse verfügt und damit umgehen kann, ist es häufig die erste und niederschwelligste Art, online zu kommunizieren. Bei größeren oder institutionalisierten Vereinen haben die Mitarbeiter*innen und Ehrenamtlichen häufig eine E-Mail-Adresse der Organisation (…@haus-des-engagements.de). Auch nach Außen wird in der Regel über E-Mail kommuniziert.
- Postfächer:
- https://posteo.de/de
- https://mailbox.org/de/
- Häufig bieten Webhoster bei denen ihr schon eure Webseite habt, auch E-Mail-Postfächer!
- Mailinglisten:
- https://www.jpberlin.de/ (ein auf E-Mail spezialisierter Provider, hinter der die selbe Firma wie bei mailbox.org steckt)
- https://www.manitu.de/ (bietet in seinen Webhosting-Tarifen auch Mailinglisten. Sowohl für Newsletter, als auch zur internen Kommunikation)
Messenger/Chat (Whats App, Telegram,..)
Kann intern ähnlich genutzt werden wie E-Mail, hat jedoch meist einen informelleren Charakter und eignet sich eher für kürzere Nachrichten. Langatmige Diskussionen finden hier selten statt.
Anbietervergleich: https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/digitale-welt/datenschutz/whatsappalternativen-messenger-im-ueberblick-13055
Pad
Ein Pad ist ein Online-Dokument, dass zeitgleich von mehreren bearbeitet werden kann und über einen einfachen Link weitergegeben wird. Es bietet sich v.a. für die schnelle, gemeinsame und einmalige Zusammenarbeit an.
- https://cryptpad.fr/ (CryptPad ist im Gegensatz zu Etherpads verschlüsselt, so dass der Betreiber des Servers eure Inhalte nicht lesen kann)
- freie Etherpad-Server
- https://pad.foebud.org/
- https://pad.freifunk.net/
- https://yopad.eu/
- und viele weitere (man sollte aber darauf achten wer den Server betreibt!)
Dokumentenbasierte Ablage (z.B. Nextcloud / Dropbox)
Hierbei werden einzelne Dokumente (meist im A4-Seitenformat) in einem gemeinsam genutzten Verzeichnis online abgelegt, z.B. als .pdf, . doc/.odt, oder auch .xls/ods.
- die Bearbeitung findet in einem installierten Programm auf dem eigenen Computer statt (z.B. in MS Word oder LibreOffice)
- nach dem Bearbeiten wird das Dokument wieder hochgeladen
- => ein zeitgleiches Arbeiten am Dokument ist nicht möglich
Für diese Form der Ablage ist vielen der Anbieter Dropbox bekannt. Will man diesen als Gruppe nutzen und dabei in Bezug auf Datenschutz und Nutzungsbedingungen alles richtig machen, muss man jedoch auf die kostenpflichtige Business-Variante wechseln und es wird schnell teuer.
Nextcloud ist eine freie Software die für die Dateiablage ähnliche Funktionalitäten wie Dropbox bietet. Darüber hinaus gibt es bei Nextcloud Plugins für gemeinsame Kalender, einen gemeinsames Adressbuch und vieles mehr. Da Nextcloud Freie Software ist, gibt es verschiedene Anbieter zu denen man gehen kann:
- https://www.hetzner.de/storage/storage-share (Hetzner ist ein Webhosting-Provider, die eine eigene Nextcloud mit viel Speicher für wenig Geld bieten)
- https://nimmerland.berlin/ (auf Nextcloud spezialisierter Provider)
- https://digitalcourage.de/blog/2020/nextcloud-hosting (Artikel mit Übersicht verschiedener Anbieter)
Nicht-dokumentenbasierte Ablage
- dabei wird ein Text / eine Tabelle online im Browser bearbeitet (wie bei einem Pad)
- es können mehrere zeitgleich am Dokument arbeiten (wie bei einem Pad)
- im Gegensatz zu einem Pad liegt der Fokus hier jedoch nicht nur auf einem einzelnen Dokument sondern auch auf der Verknüpfung zu anderen Dokumenten in gleichen System. So ist es hier einfach möglich, sich durch alle Inhalte mithilfe eines selbst angelegten Menüs zu navigieren (ähnlich wie bei Wikipedia)
- großer Vorteil: es kann über alle Texte hinweg gesucht werden und im Text jeweils auf andere Text verlinkt werden
- https://www.atlassian.com/software/confluence (Confluence ist eine recht komplexe Software, die man gegen Bezahlung beim Anbieter Atlassian buchen kann. In den kleinsten Tarifen auch kostenlos)
- https://wechange.de/cms/features/ (WeChange ist bietet eher eine geschlossene Community für Gruppen, die aber auch Elemente einer Wissensbasis enthält)
- Webhoster wie netcup.de oder manitu.de bieten Wiki-Software zur Installation
Telefon(konferenz)
Sehr niederschwellig und wird gerade von Vereinen, deren Mitglieder sehr verteilt leben, schon seit Jahren intensiv genutzt. Wichtig sind hier klare Moderationsregeln (z.B. wie sich gemeldet wird), sodass trotz fehlendem visuellen Kontakt ein einfacher Gesprächsfluss möglich ist.
- https://meetgreen.de/
- einige Videokonferenz-Anbieter bieten übrigens auch Telefoneinwahl
Videokonferenz
Hendrik hat eigens einen Artikel hierzu verfasst, in dem unter anderem auch Zoom aus Datenschutzsicht beleuchtet wird und unterschiedliche Anbieter erklärt werden (s. auch untenstehende Grafik).
https://vereint.digital/wie-ihr-den-passenden-videokonferenz-anbieter-fuer-euren-verein-findet/
Charakterisierung von Tools
Oben genannte Möglichkeiten lassen sich auch anhand ihrer Eigenschaften charakterisieren. Häufig wird dabei unterschieden, ob synchron oder asynchron gearbeitet wird.
Da vor-Ort-Treffen sowie Telefon- und Videokonferenzen in Echtzeit stattfinden, verlangen sie mehr Organisation im Voraus. Da sie außerdem sprachbasiert sind, ist der Inhalt eher flüchtig, außer es wird zugleich dokumentiert/mitgeschrieben.
E-Mails dagegen sind ein asynchrones Medium, da sie ein zeitversetztes Antworten ermöglichen. Zudem ist es textbasiert, was eine spätere Nachvollziehbarkeit vereinfacht und zugleich als Dokumentation dienen kann.
Asynchrone Medien werden dabei häufig als effizienter beschrieben, da sie sich nahtloser in die persönliche Arbeitsweise einfügen lassen (erfordern weniger Unterbrechungen), präziser (da textbasiert) sind und darüber hinaus keine zusätzliche Dokumentation benötigen.
Zudem kann unterschieden werden, ob die Kommunikation gerichtet oder ungerichtet stattfindet. Eine gerichtete Kommunikation adressiert aktiv einen oder mehrere andere Personen, während sich eine ungerichtete Kommunikation an alle (oder niemand) richtet, die zu dem jeweiligen Schriftstück Zugang haben. So ist es z.B. ungenügend, eine Entscheidungsvorlage in einer Nextcloud als Dokument abzulegen, ohne zugleich über E-Mail konkret Personen zu adressieren, die diese Vorlage lesen sollen.
Kultur und Tools
Bei der Auswahl eines neuen Tools sollte darauf geachtet werden, wie es derzeitige Arbeitsprozesse modifiziert und ob die Änderung gewünscht ist.
Nicht vergessen: Tools sollen die Menschen befähigen, leichter gemeinsam ein Ziel zu erreichen.
- Wo kein Schmerz, da keine Verbesserung notwendig
- Neues Tool ≠ neue Kultur, aber Kultur kann aktiv gestaltet werden
- Gemeinsam für neues Tool entscheiden
- Experimentieren
- „Gärtnerin“ als Ansprechpartner*in berufen und Verantwortung übertragen
- Einführungen geben
- Feedback fordern
- Gemeinsam für neues Tool entscheiden
Viele Organisationen haben beispielsweise in der Corona-Zeit schlagartig von vor-Ort-Meetings auf Video-Konferenzen umsteigen müssen. Das liegt zunächst auf der Hand, weil beides synchrone und sprachbasierte Medien sind. Über diese Gemeinsamkeit hinaus gibt es jedoch maßgebliche Unterschiede, die einen anderen Umgang erfordern:
vor-Ort-Treffen | Videokonferenz | Tipps |
---|---|---|
davor und danach Zeit für persönlichen Austausch (häufig zu zweit) | i.d.R. kein Ankommen- / Verabschieden-Zeitraum | davor und danach Zeit für persönlichen Austausch einplanen |
gerichtete Kommunikation möglich (z.B. kurzes Nachfragen bei Nachbar_in) | nur ungerichtete Kommunikation (es kann immer nur eine Person sprechen) | auf andere Kanaäle ausweichen, z.B. einen Simultanchat |
Personen müssen physisch präsent sein, womit sie meist auch psychisch präsenter sind | Aufmerksamkeit nicht immer gegeben, da sie auch leicht auf andere Dinge gelegt werden kann (z.B. nebenher etwas anderes tun, zuhause betreute Kinder) | an wichtigen Stellen Anwesenheit aktiv abfragen |
Personen voll und ungefiltert erfassbar (Mimik, Gestik, Stimme, …) | Informationsverluste durch technische Verzerrungen und begrenztes Bild | mögliche Informationsverluste bedenken (Mimik, Gestik, Stimme) |
leichte materielle Interaktion (Whiteboard, Pinnwand) | leichte virtuelle Interaktion (gemeinsames Bearbeiten eines Textes) | andere Interaktionen (gemeinsames Arbeiten am Pad statt virtuelles Whiteboard) |
Ausblick
- Derzeit viele Experimente, was davon bleibt langfristig?
- Mehr Videokonferenzen auch in Zukunft?
- Oft (vermeintlich?) hohe Einstiegshürde. Die muss jetzt genommen werden, aber dann ist sie auch genommen
- Umweltbilanz von Cloud-Diensten?!
- sicherlich ein Thema
- aber sollte man in Relation zu anderen Aktivitäten unseres Lebens setzen
- „Eine Stunde Video-Streaming produziert so viel CO2 wie ein Kilometer Autofahren.“ (https://www.zdf.de/nachrichten/heute/klickscham-wie-viel-co2-e-mails-und-streaming-verusachen-100.html)
- Wie viele Stunden Videostreaming macht man pro Tag? (höchstens 24!)
- Und wie viele Kilometer pendeln viele Menschen jeden Tag mit dem Auto zur Arbeit? …