Coworker*in im Fokus: Werkstatt für gewaltfreie Aktion

Welches Bild hast du im Kopf, wenn du an „gewaltfreie Aktionen“ denkst? Mahatma Gandhi? Demos oder Baumbesetzungen? Welche Haltung dahinter steckt und wie Engagierte diese in ihrer Arbeit aufnehmen können, das erfahrt ihr in diesem Interview mit Fjell und Walli von der Werkstatt für Gewaltfreie Aktion. Sie sind als Verein seit November in den neuen Büroräumen des neuen HdE-Erdgeschoss:

1. Bitte stellt die Werkstatt für gewaltfreie Aktion kurz vor: Welches Ziel habt ihr vor Augen und wie tragt ihr dazu bei, gewaltfreie Aktionen zu fördern?
In der Werkstatt arbeiten wir an Themen Sozialer Bewegungen und allem, was Gruppen oder Einzelpersonen darin in Atem hält: Konflikte, Moderation, Mediation sind ein Zweig unserer Arbeit. Bildungsangebote zu Themen des Friedens, Klimagerechtigkeit und Feminismus sind andere große Felder. In all diesen Themen könnt ihr immer mit (An-)Fragen und Ideen auf uns
zukommen. Denn das ist unser Beitrag zur gewaltfreien Aktion: Wir bieten Fortbildungen, Beratungen und Workshops an, die diese Themen berühren und sie oftmals mit den Themen der Gewaltfreiheit verbinden. Unser Ziel ist es, Soziale Bewegungen zu unterstützen, zu sensibilisieren, zu aktivieren und zu empowern (ermächtigen). Daneben haben wir auch noch einen Buchversand mit Literatur rund um Gewaltfreiheit, den ihr über unsere Website auschecken könnt: https://wfga.de/shop/

Wie kam die Gründungsgeneration überhaupt auf die Idee, die Werkstatt für
gewaltfreie Aktion zu gründen?

Zwar gab es kein konkretes Ereignis, aber die Werkstatt fußt auf der politischen Grundstimmung der Anti-Atom-Bewegung Mitte der Siebziger Jahre. Also schon eine ganze Weile her! Aus dieser Stimmung heraus entstand Anfang der Achtziger Jahre die Friedensbewegung, die ihren Widerstand und ihre Aktionen gewaltfrei praktizierte. Mit der Idee, gewaltfreie Methoden und Strategien des Widerstands langfristig zu denken, entstand 1984 die Werkstatt für Gewaltfreie Aktion, Baden, in Karlsruhe. Soziale Bewegungen sollten gestärkt, gewaltfreie Aktionen durch Trainings vorbereitet und die Arbeit von Gruppen und Initiativen unterstützt werden. Der gemeinnützige Trägerverein bekam den Namen „Gewaltfrei Leben Lernen e.V.” und wird dieses Jahr sogar schon vierzig Jahre alt!

Was bedeutet für euch Gewaltfreiheit?

In der Werkstatt bedeutet Gewaltfreiheit eine Praxis in Alltag, gemeinsamer Organisation und politischen Fragen. Sie stellt dabei kein irgendwann erreichtes Ziel dar, sondern bezeichnet einen pragmatischen Grundsatz im Lernen und Gestalten auf dem Weg. Frieden bedeutet für die Werkstatt (entsprechend der Friedens- und Konfliktforschung) den Prozess der Verminderung von Gewalt, Krieg, Not und Unterdrückung/Unfreiheit, und so denkt die Werkstatt auch den Begriff von Gewaltfreiheit: als einen Prozess des Abbaus von Gewalt und als kontinuierliche Praxis. Bei politischen Aktionen macht sich die Werkstatt bewusst für gewaltfreie Methoden des Widerstands stark und übt diese zum Beispiel in Aktionstrainings ein.

Ihr feiert dieses Jahr euer 40-jähriges Jubiläum: Könnt ihr eine inspirierende Geschichte teilen, in der gewaltfreie Aktionen einen nachhaltigen Einfluss hatten, und zu denen ihr beigetragen habt?

Die Werkstatt hat über diese lange Zeit viele Teile der Bewegung vorangebracht. Einige Beispiele sind die Beteiligung an gewaltfreien Aktionen gegen den zweiten Golfkrieg, bei der Kriegssteuerverweigerung, an Aktionstrainings für den Anti-AKW-Widerstand von Gorleben über Gundremmingen bis Neckarwestheim, beim zivilen Ungehorsam in der Anti-Genmais-Bewegung, bei Trainings und Blockaden gegen Castor-Transporte, bei Protesten gegen die G8-Gipfel in Heiligendamm und Davos und bei Blockaden am Atomwaffenlager in Büchel.

Aktuell sehen wir wieder besonders viel Krieg und Ausgrenzung in der Welt. Was
bräuchte es aus eurer Sicht jetzt besonders und was kann jede*r einzelne dazu beitragen?

Zwischen Weihnachten und Silvester waren wir auf dem Chaos Computer Congress. Dort gab es einen Talk zum Thema „Was macht dir eigentlich noch Hoffnung in deinem Aktivismus?“. Das ist unsere wichtigste Antwort darauf: zuallererst mal nicht die Hoffnung verlieren und die eigene Arbeit nicht am Output bewerten, sondern an der – konstant reflektierten und veränderten – Überzeugung, dass es richtig und wichtig ist. AKTIV bleiben. Konkret heißt das: Geh auf Demos, gegen Rechts, für Feminismus, für Klimagerechtigkeit, gegen Rassismus, … . Organisiere Blockaden, wie zum Beispiel gegen AfD-Aufmärsche. Oder mach zum Beispiel Ordner*in auf Demos. Unterschreibe Petitionen. Informiere dich, was passiert. Nimm keine Meinung einfach nur an, weil sie bequem ist. Reflektiere dich. Schau: Was sind meine Fähigkeiten? Wie kann ich sie einbringen? Achte auf andere, achte auf dich. Setze dich mit deinen Privilegien auseinander. Reflektiere Machtverhältnisse, wo du sie ausübst, wo du von ihnen betroffen bist. Sag was, geh dazwischen. Mach auf Themen aufmerksam, wie Klassismus, oder Ableismus, oder dem Zusammenhang von Krieg und Patriarchat. Übe zivilen Ungehorsam aus. Höre der Perspektive von Menschen zu, die betroffen sind. Bilde dich weiter. Teile deine Ressourcen mit anderen. Spende an humanistische Organisationen in von Krieg betroffenen Ländern.

Können Interessierte bei euch mitmachen? Oder wie können euch Menschen sonst
unterstützen?

Ihr könnt jederzeit ehrenamtlich bei uns aktiv werden. Meldet euch dafür gerne einfach bei uns, im Büro im Vorderhaus vom Haus des Engagements oder über unsere Mail buero.freiburg@wfga.de oder über Signal/Telefon unter 0178 7267717, sagt gerne schon ein bisschen was zu euch oder worauf ihr Lust habt. Natürlich freuen wir uns auch allzeit über neue Mitglieder, finanzielle Unterstützung (Spenden), Weitervermittlung oder In-Anspruchnahme unserer Angebote.

Kommentare sind geschlossen.