Das Klimacamp Freiburg als Vernetzungsort für den Wandel

Im Vernetzungstreffen für Nachhaltigkeitsinitiativen „4netzen“ am Freitag, den 04.11.2022 um 19 Uhr im Haus des Engagements in Freiburg haben wir uns vorgenommen, mit den Teilnehmer*innen über Kampagnenformate zu diskutieren und gemeinsam zu brainstormen, was für eine erfolgreiche Kampagne notwendig ist bzw. wie Menschen informiert und zum Partizipieren eingeladen werden können. Insbesondere wurde mit Engagierten des Klimacamps Freiburg überlegt, inwiefern sich das Klimacamp als Vernetzungsort anbietet, um ein breites gesellschaftliches Engagement für Klimaschutz zu fördern. Die Teilnehmenden des Workshops kamen u.a. aus Vereinen, Organisationen und Initiativen wie Klimabürger*innenrat, Parents for Future, BUND, Institut für Integrale Studien, Uni Freiburg (Waldschutz), Berufliche Schule Krozingen.


Ablauf:
1. 19:00 Begrüßung und Netzwerk-Karussell

2. 19:20 Impuls-Vorträge (Vanti, Unterstützer der Kampagne „Stop Trinity“ in Wolfsburg; Zwei Klimaaktivist*innen des Freiburger Klimacamps))

3. 19:45 Interaktiver Teil zur Mitgestaltung des Klimacamps

4. 21:00 Raum für weiteren Austausch bei Snacks und Getränke

Anzahl Teilnehmende: 20

  • Inwiefern eignen sich Camps als Protestform bzw. Strategie einer Kampagne?

Ursprünglich war der Klimaaktivist Tobias Rosswog eingeladen, um einen kurzen Impulsvortrag zu dieser Frage zu halten. Da dieser kurzfristig verhindert war, sprang Aktivisti Vanti ein und berichtete von Erfahrungen, Ideen und Vorhaben der Kampagne „Stop Trinity – keine neue Autofabrik“, die sich für eine Verkehrswende in Wolfsburg aber auch allgemein einsetzt. Sie solle Menschen davon überzeugen, dass E-Autos und die dafür vorhergesehene VW-Fabrik keine Lösungen für Klima- und andere Probleme darstellen, die durch Autoverkehr entstehen (Bspw. Platzverbrauch und Verkehrsunfälle). Die Kampagne besteht in einer angemeldeten Mahnwache direkt bei den VW-Werken, einer breiten Öffentlichkeits- und Mobilisierungsarbeit durch Vorträge, Workshops und Gesprächen mit BIs, Mitarbeitenden von VW und der IG Metall. Langfristig solle die Mahnwache zu einem Camp werden. Ziel dabei ist nicht nur E-Automobilität infrage zustellen und abzulehnen, sondern auch eine eigene Utopie und konkrete Verbesserungsvorschläge zu liefern, also auch für etwas zu sein. Für das Bestehen der Kampagne sei es vor allem wichtig, Menschen dort abzuholen, wo sie stehen.

Beim zweiten Impulsvortrag der Freiburger Klimaaktivist*innen wurden die Strukturen, die Organisation und die Forderungen des Klimacamps beschrieben (Infos dazu unter: https://www.klimacampfreiburg.de/). Anschließend gingen wir in den interaktiven Teil des Workshops über und versuchten in Kleingruppen, unsere eigenen Visionen für ein lebendiges Klimacamp zu formulieren und Konzepte zu entwerfen, wie wir diese in die Tat umsetzen könnten. Hierbei wurde die Notwendigkeit deutlich, sich zu vernetzen und mehr Menschen zur Teilhabe und -nahme am Klimacamp zu motivieren.

  • Wie können sich Freiburger Initiativen am besten mit dem Klimacamp Freiburg vernetzen?

Im gemeinsamen Brainstorming ergab sich, dass es für die Vernetzung mit anderen Menschen und weiteren Initiativen wichtig ist, das Camp diverser, (inter-)aktiver und attraktiver zu gestalten. Verschiedene Generationen und Menschen aus unterschiedlichen Kontexten sollen durch Veranstaltungen zum Austausch eingeladen werden. Als Vorschläge wurden z.B. ein Kinderbereich, eine freie Bühne, Bastelworkshops (z.B. zu Solarpanels auf dem Balkon), Kaffee und Kuchen und mehr Sitzmöglichkeiten genannt. Auch könnte ein Raum dafür geschaffen werden, um Sorgen, Hoffnungen und Utopien künstlerisch auszudrücken (z.B. Großes Plakat zum Malen, Bastelmaterial, Kollagen). Auch Aktionen wie z.B. ein Utopie-Stadtrundgang oder ein Punschausschank während der Weihnachtsmarktzeit wurden vorgeschlagen, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Für das Camp ist auch eine Wohlfühl-Atmosphäre wichtig, die Menschen zum Verweilen einladen soll. Ungeachtet der städtischen Auflagen, wären dafür Pflanzen, Hochbeete, Sofas, Wärmflaschen, mehr Snacks, ein Klavier oder auch ein Bauwagen toll. So wäre es auch attraktiver, eine Schicht aus dem Schichtplan zu übernehmen, für den es dringend mehr Menschen brauch.

  • Wo gibt es Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten der Zusammenarbeit, um gemeinsam mehr zu erreichen?

Gerade die utopischen Vorstellungen, wie ein lebendiges Klimacamp aussehen könnte, bieten Anknüpfungspunkte für andere Initiativen, die bei Aktionen wie z.B. dem utopischen Stadtrundgang mitmachen könnten. Auch für die rechtlichen Auseinandersetzung und eine gute Kommunikation mit der Stadt könnten Initiativen, die Know-How mit Rechtstreits oder schon einen ‚Draht‘ zur Stadt haben, miteinbezogen werden. Beispielsweise schlug eine Person von Stadtwandler Freiburg vor, bei dem Format „Frag-den-Horn“ den Freiburger OB danach zu fragen, wie das Klimacamp schöner gestaltet werden kann.

Was sind die Vor- und Nachteile im Vergleich zu anderen Kampagnenformaten?

Das Camp bietet zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Kampagnenformaten, wie z.B. Beständigkeit (bis 2035) und alltäglicher Präsenz im öffentlichen Raum, die zu Aufmerksamkeit und langfristig auch zu Vernetzung mit anderen Organisationen führen kann. Die Protestform Klimacamp knüpft an ein Modell an, das bereits in anderen Städten in Deutschland existiert, wodurch bundesweit Austausch, Solidarität und Synergien entstehen können. Ein Camp hat nicht nur öffentlichkeitswirksamen Protest zur Folge, sondern kann auch Infrastruktur für verschiedene Aktionen und eine Basis zum Ausruhen und Kennenlernen und auch eine Plattform zum Informieren und Sensibilisieren darstellen. Als physischer, konsum- und barrierefreier Raum mit Awarenessstrukturen ist das Camp ein zugänglicher Ort, an dem sich Menschen wohlfühlen können und Verweilen dürfen. Durch dieses Selbstverständnis wird auch indirekt auf andere gesellschaftliche Problematiken hingewiesen (wie z.B. Verdrängung, Diskriminierung im öffentlichen Raum) und eine eigene Utopie versucht zu leben.

Camps erfordern deshalb einen langen Atem und langfristiges Engagement von vielen, für das sich viele Menschen jedoch kaum Zeit einräumen können. Auch muss sich immer wieder mit rechtlichen Auflagen der Stadt auseinandergesetzt werden, was ebenfalls viele Ressourcen beansprucht. Auch kann das Camp also unsicher empfunden werden, wenn zum Beispiel nur zwei Menschen eine Nachtschicht übernehmen.

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